Aufarbeitung von Missbrauchsfällen
Thema
Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Gründungsgeschichte der St. Franziskusschwestern Vierzehnheiligen
- Universität Regensburg
- magdalena.huerten@ur.de
Im Rahmen Ihrer Dissertation beschäftigt sich Magdalena Hürten mit der Gründungsgeschichte der St. Franziskusschwestern Vierzehnheiligen.
In den Anfängen der Kongregation, die bis in die 1890er Jahre zurückgehen, gab es Missbrauchsfälle durch den Gründer. Anhand von staatlichen, kirchlichen und journalistischen Quellen aus der Zeit soll rekonstruiert werden, wie die verschiedenen Akteure (Täter, Betroffene, Kirche, Gesellschaft) mit den Vorwürfen gegen den Gründer umgingen und wie sie die Vorfälle deuteten. So sollen die epistemischen und diskursiven Bedingungen rekonstruiert werden, unter denen das Sprechen über den Missbrauch erfolgte.
Dazu wird das Konzept der „epistemic injustice“ von Miranda Fricker herangezogen, das auf den Ausschluss bestimmter Subjekte von Praktiken der Deutung und der Wissensvermittlung aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit (z.B. Geschlecht) aufmerksam macht und Begriffe und Kategorien für diese strukturellen Ausschlüsse bietet. Ausgehend von der Erkenntnis Frickers, dass Geschlechtszugehörigkeit (u.a.) zu Benachteiligungen auf der Ebene des Wissens führen können, sollen die Missbrauchsfälle in der Geschichte der St. Franziskusschwestern Vierzehnheiligen auf ebensolche unheilvolle Verbindungen von Geschlecht und Wissen überprüft werden.
Der spezifische Kontext des Falls macht eine Erweiterung um die Faktoren Religion und Gewalt nötig: Inwiefern beeinflussen Geschlecht und Religion die Fähigkeit einer Person als Subjekt von Wissen zu agieren und wie wirkt sich das auf die Deutung und Kommunikation von Gewalterfahrungen aus? Indem dieser Frage an den konkreten historischen Fällen nachgegangen wird, soll deutlich werden, dass die Kategorie des Wissens einen bislang vernachlässigten, aber entscheidenden Aspekt in der Erforschung und Aufarbeitung von Missbrauchsfällen darstellt.